Skip to content
Hört auf, neue Software zu kaufen!
Rainer Kolm1 Minten Lesezeit

Hört auf, neue Software zu kaufen!

Thorsten Dirks, damals noch CEO von Telefónica Deutschland, hat 2015 den inzwischen ikonischen Satz formuliert: „Wenn sie einen Scheißprozess digitalisieren, dann haben sie einen scheiß digitalen Prozess." Das Zitat hat heute, also acht Jahre später, nichts von seiner Aktualität verloren. Denn auch im Bereich Customer Experience hat sich in der Zwischenzeit die Überzeugung eingeschlichen, dass mit neuer Software Probleme in Prozessen gelöst werden können. Die Wahrheit ist: kein einziger Prozess wird dadurch besser. Ich habe dazu einmal drei Thesen formuliert.

Software verbessert weder Mitarbeitende noch Führungskräfte

Die neue Software kann noch so smart sein: Wenn die Führung eines Unternehmens nichts taugt, wird eine neue Anwendung daran nichts ändern. Da hilft dann auch keine KI, auch wenn künstliche Intelligenz momentan als Allheilmittel in aller Munde ist. Ein Unternehmen lebt von seiner Attraktivität als Arbeitgeber und der Qualität der Arbeitsplätze. Mitarbeitende erwarten Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebote, wollen auf allen Ebenen wertgeschätzt werden.

Neue Software macht es nicht einfacher

Oft wird eine neue Software angeschafft, die alle Probleme lösen soll. Das führt dann eher zu Verwirrung und überfordert die Mitarbeitenden. Denn die Software muss in die vorhandene IT-Infrastruktur integriert werden und dort über zahlreiche Schnittstellen mit zahllosen anderen Anwendungen reibungslos interagieren. Denn alles hängt mit allem zusammen. Am Ende läuft das System vielleicht auch zufriedenstellend, aber eben nichts läuft wirklich im Einklang. Schlussendlich hat der Kunde das Nachsehen. Bestes Beispiel: Die IVR der Deutschen Telekom.

Software als erzieherische Maßnahme

Wer schon einmal eine SAP-Einführung miterlebt hat, weiß, wovon ich spreche: Das neue System erfordert von allen Beteiligten, sich ganz grundsätzlich mit den elementaren Prozessen zu beschäftigen, denn bei einer Umstellung auf SAP bleibt meist kein Stein auf dem anderen. Löst SAP deshalb alle Probleme? Nein, aber es erfordert ein grundsätzliches Um- und Neudenken, was man durchaus als erzieherische Maßnahme verstehen kann. Eine Erkenntnis, die manch ein Kundenservice-Manager sicher von der Einführung einer neuen Contact Center-Software kennt.

Ist es nun der richtige Ansatz, gar keine Software mehr anzuschaffen? Besser wäre es doch, zuerst nachzudenken, dann zu handeln. Was meinen Sie?



avatar

Rainer Kolm

… arbeitete als Bereichsleiter und Geschäftsführer in unterschiedlichen Branchen wie dem Handel, dem Tourismus, der Telekommunikation und in der Beratung. Seit 2010 ist Rainer Kolm Inhaber des Instituts für Customer Experience Management (i-CEM) und berät Unternehmen und Institutionen in den Themen Kundenservice und Customer Experience Management

VERWANDTE ARTIKEL

Jetzt abonnieren!