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Young businessman in suit carrying big stack of carton boxes
Kai Riedel5 Minuten Lesezeit

Product as a Service (PaaS) - neue Marktchancen, besserer Service?

Immer mehr Unternehmen erwägen, ergänzend zum Verkauf ihrer Produkte auch eine nutzungsorientierte Vermarktung anzubieten. Bei dieser Variante wird dem Kunden das Produkt nicht mehr einmalig verkauft, sondern zum Beispiel gegen eine monatliche Miete zur Nutzung zur Verfügung gestellt. Was sind die Vor- und Nachteile einer solchen Dienstleistung und wie können Unternehmen solche Modelle einführen?

Product as a Service

Den Anfang machte die Softwareindustrie, wo es inzwischen schon üblich ist, nutzungsorientierte Laufzeitverträge zu schließen. Aber auch in der Automobilindustrie werden nutzungsorientierte Vertriebsmodelle immer häufiger angeboten. Vom Leasing des Fahrzeugs über Wartungspauschalen bis hin zu bestimmten Extras, die erst nach dem Kauf freigeschaltet werden können, entwickelt man die Subskriptionsmodelle weiter. Auch die Anlagenindustrie verkauft immer öfter nicht Maschinen, sondern produzierte Güter aus einer Maschine nach einem Nutzungsmodell. Miele vermietet seine Geräte unter dem Markennamen „upgreat“ (theupgreat.de), ähnlich funktioniert das Mietmodell des Konkurrenten Bosch (Bluemovement.com). Ob Solaranlage oder Kinderwagen: in vielen Branchen sind Mietangebote vertreten. Im industriellen Dienstleistungssegment sind Kaffeevollautomaten, die per Nutzung bezahlt werden, längst üblich.
Perspektivisch werden nutzungsorientierte Vergütungsmodelle selbstverständlich werden und immer mehr Marktanteile beanspruchen. Besonders gut eignen sich PaaS-Modelle für Investitionsgüter und langlebige Gebrauchsgüter.
Was ist Product-as-a-Service (PaaS):
Product-as-a-service ist:

1. ein Geschäftsmodell
2. das physische Produkte mit Dienstleistungen verbindet
3. und so den Produktnutzen vermarktet
4. mit dem Ziel, den Kundenbedarf besser und nachhaltiger abzudecken.

Product as a Service - Grafik Definition

Product-as-a-Service Leistungen werden auch als subskriptionsbasierte oder nutzungsorientierte Vermarktungsformen bezeichnet.

Vor- und Nachteile

Aus Kundensicht bietet ein Subskriptionsmodell fast nur Vorteile: Das Produkt muss nicht auf Einmal bezahlt werden, man bezahlt nur für das, was man nutzt, die Verantwortung für Reparaturen bleibt beim Hersteller und nach der Vertragsperiode kann das Gut einfach wieder zurückgegeben (oder für einen festgelegten Betrag gekauft) werden. Lediglich die Tatsache, dass man als Kunde natürlich eine Verbindlichkeit eingeht, spricht gegen den Abschluss eines Nutzungsvertrages.
Aus Anbietersicht stehen sich folgende Vor- und Nachteile gegenüber:

Product as a Service - Grafik Vor und Nachteile

Sicher werden subskriptionsbasierte Vermarktungsmodelle nicht für jeden Anbieter das Richtige sein. Aber die gestiegene Kundenbindung, die Verstetigung der Erlöse und der Gewinn von Marktanteilen lassen solche Modelle attraktiv erscheinen. Immer mehr Unternehmen betrachten ihre Marktposition zudem aus ESG (Environment, Social und Governance) – Gesichtspunkten. Und da bieten kreislaufgebundene Modelle, für die der Hersteller die Verantwortung von der Produktion über die Nutzung bis zu einer Wiederverwertung übernimmt, große Vorteile.
Am langen Ende steht der Weggang von einem verschleißbasierten Geschäftsmodell hin zu einer wahrhaft nachhaltigen Produktion von Gütern, die durch Langlebigkeit, Instandhaltung und Modernisierung langzeitig im Nutzungskreislauf gehalten werden können (und dauerhaft Erlösströme für den Anbieter generieren).

Einführungsschritte

Kein verantwortungsbewusster Unternehmer wird in einem Schritt sein Geschäftsmodell vollständig auf ein PaaS-Modell umstellen. In der Regel sind die Kunden gar nicht bereit dazu. Außerdem wird mit zunehmendem PaaS-Anteil der Bedarf an speziellen Produkten für eine PaaS-Vermarktung größer. PaaS-Produkte können langlebiger konstruiert werden, sie stellen besondere Anforderung an die Vernetzung und sie erfordern eine Integration des Einbau- und Wartungsservice.
Aber um Chancen zu erschließen, kann man mit ersten Schritten beginnen und erst einmal einen Teil des Geschäfts umstellen oder ergänzend anbieten. Wichtig ist, dass man nicht zu viele Erfolgsfaktoren im ersten Schritt weglässt, so dass die Vorteile des Modells am Ende gar nicht mehr zum Tragen kommen. Mindestens für einen abgegrenzten Geschäftsbereich oder eine alleinstehende Produktlinie sollten die wesentlichen Vorteile erschließbar sein.

Wir propagieren eine schrittweise Realisierung:

1. Identifizieren, welche Produkte sich dafür eignen
2. Business Case Berechnung
3. Pilotsegment festlegen
4. Rahmenbedingungen schaffen: Finanzierung, vertraglicher Rahmen, Kundenservice, Vertrieb
5. Friendly customer phase
6. Roll-out
7. Produktanpassung
8. Anbindung der Datenströme
9. Organisation der technischen Kreisläufe (Reparatur, Modernisierung, Recycling)

Die Evolution des Kundenservice

Die Entwicklung des Service lässt sich in vier Phasen einteilen:
Reaktiv: Service erfolgt dann, wenn der Kunde ein Problem hat bzw. das Gerät kaputt ist und repariert werden muss
Präventiv: Durch regelmäßige Inspektionen werden Schwachstellen erkannt und das Produkt gewartet
Prädiktiv: Durch Vernetzung mit dem Produkt und dem Teilen von Daten ist der Hersteller in der Lage, das Produkt vorausschauend zu warten und Verschleißteile zu ersetzen, bevor das Produkt ausfällt
Proaktiv: ein proaktiver Service sagt Ausfälle nicht nur voraus, sondern stimmt seinen Service passgenau auf jeden Kunden und dessen individuelle Anforderungen ab. Hersteller sind dabei vollständig mit dem Produkt vernetzt und erhalten Echtzeitinformationen.
Die Einführung von subskriptionsbasierten Vermarktungsmodellen gelingt am besten, wenn man als Hersteller einen mindestens prädiktiven Service gewährleisten kann.

Was sind die Anforderungen, die aus PaaS-Vermarktung für den Service entstehen:

1. Verantwortung für Installation und Wartung
Die bisherige Trennung von Produzenten und Handel bzw. Einbaupartner ist aufgelöst. Hersteller kontrollieren die gesamte Wertschöpfungskette und müssen auch für Installation und Wartung Verantwortung übernehmen. Die Aufgabe ist, ein leistungsfähiges Partnernetzwerk zu schaffen und anzubinden.

2. Organisation der Zahlungsströme liegt beim Anbieter
Wie bei jedem Abonnementsmodell müssen regelmäßige Zahlungen eingetrieben, berechnet und verbucht werden. Das Zahlungsausfallrisiko liegt beim Hersteller.

3. Anbindung des Kunden über die gesamte Nutzungsdauer
Beim PaaS-Modell wird sich der Kunde während der gesamten Nutzungsdauer mit Problemen an den Hersteller wenden. Es liegt an ihm, einen sehr guten Service zu organisieren und für die Kundenzufriedenheit entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu sorgen.

4. Anfall von Nutzungsdaten
Die Menge an Daten, die zum Hersteller zurückfließen, ist als Vorteil kaum hoch genug zu bewerten. Die Daten zu analysieren und daraus zu lernen, ist die Voraussetzung für die Öffnung dieser Schatztruhe.

5. Verantwortung für Rückholung und Recycling oder Weitervermarktung
Richtig eingesetzt entsteht hier eine Quelle zusätzlichem Wertschöpfungspotentials. Produkte, die für eine PaaS-Vermarktung konstruiert wurden, finden in jedem Fall wieder zum Hersteller zurück und können dort erneut vermarktet oder in ihre wertvollen Komponenten zerlegt werden.

Welche Unterstützung kann Beratung leisten:

Im ersten Schritt führen wir einen Geschäftschancen-Workshop mit Ihnen durch. Darin werden die für ein PaaS-Modell möglichen Produkte identifiziert und eine To-Do Liste für eine Umsetzung erstellt. Auf Wunsch begleiten wir das Einführungsprojekt. Bei der Preisfindung, der Business-Case Berechnung und bei der Ausarbeitung von (Muster-)Verträgen ist es sinnvoll, Beratungsunterstützung in Anspruch zu nehmen. Die Einführung begleiten wir mit Trainings für Vertrieb und Service. Bei der Anbindung der Datenströme unterstützen wir ebenfalls.

Fazit:

Die Hürden, Produkte als Dienstleistung nach dem Product-as-a-service Modell zu vermarkten, sind sicher nicht gering. Dem Anbieter, dem es als Erstes gelingt, dieses Geschäftsmodell zu entwickeln und zu beherrschen, bieten sich die Vorteile eines völlig neuen Marktes, in dem die Kundenwertschöpfung und die Kundenbindung völlig neue Dimensionen erreichen. Während der PaaS-Gedanke bisher noch stark unter Nachhaltigkeitsaspekten diskutiert wird, ist es an der Zeit, die Potentiale aus betriebswirtschaftlicher Sicht zu erschließen.

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Kai Riedel

... ist geschäftsführender Gesellschafter der Customer.Consulting GmbH, Partner des i-CEM Instituts für Customer Experience Management und experienced agile Master. Vorher baute er in 15-jähriger selbständiger Tätigkeit zwei Unternehmen im Geschäftsfeld Mystery Shopping auf. Er ist außerdem Buchautor und hat verschiedene Beirats- und Aufsichtsratssitze bekleidet. Gemeinsam mit einem interdisziplinär aufgestellten Team begleitet Herr Riedel Unternehmen bei den notwendigen Veränderungen, um digitale Anwendungen im Kundenservice umzusetzen und dabei auf Austausch aufgebaute Kundenbeziehungen zu entwickeln.

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