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Business man with the text What are your Skills? in a concept image
Frank Otto5 Minuten Lesezeit

Der Wettlauf um Skills

Soft Skills haben nach der Pandemie Konjunktur, sie sind seit einigen Monaten ein beliebtes Thema im Umfeld von Ausbildung geworden. Offenbar liegt hier (mal wieder) der Schlüssel zum Erfolg nicht nur für Service-Organisationen. Und die Lösung scheint einfach zu sein: nur den Fokus in der Weiterbildung anpassen - läuft. 
Jetzt ist die Sache mit den Skills schon seit den 1990er Jahren akut. Vorschläge, die auch 2022 auf eine rein thematische Neuausrichtung der betrieblichen Aus- und Weiterbildung hinauslaufen, können nicht helfen. Die betriebliche Weiterbildung mit ihren überholten Konzepten ist insgesamt Teil des Problems. Aber auch das ist nicht neu.
Neu dagegen sind die Gig Economy und die Welt des VUCA im „New Normal“. Und neu im aktuellen Skill-Hype sind Stimmen, die einem Wettlauf um Talente und deren Skills beschreiben und die dadurch einen Bezug zwischen Soft Skills und möglichen Abwanderungen von Mitarbeitern sehen. Rekrutierungen sind schwerer geworden, Mitarbeiter müssen inzwischen zunächst überzeugt werden – und zwar von den Lern-angeboten. Agiles Up- und Reskilling aller Mitarbeiter wird quasi zum Tagesgeschäft der Weiterbildung. Und so beginnt der Wettlauf um Skills, der gleichzeitig ein Wettlauf um Mitarbeiter ist. Um (als Unternehmen und Mitarbeiter) konkurrenzfähig zu bleiben, müssen stets alle relevanten Skills erlernt und angewandt werden. 
Der Reihe nach. 
Soft Skills sind kein Convenience-Produkt…
Mit einer Prise Soft-Skills aus dem Gewürzregal kommt man offenbar nicht weiter.
Die in den letzten Jahrzehnten entstandene Individualisierung von Produkten und Angeboten differenziert auch die hierfür erforderliche Organisation, ihre Abläufe und die jeweils benötigten Skills. Wenn keine Ein-heitsprodukte angeboten werden, kann man auch nicht dauerhaft mit Einheitsmitarbeitern und Einheitsskills arbeiten. Die Differenzierung der Angebote führt zu einer Individualisierung der erforderlichen Skills.
Die in den letzten Jahrzehnten entstandene „Projektwelt“ kombiniert Aufgaben und Mitarbeiter immer wieder neu. Erfolgreich ist diese „agile“ Welt nur mit ständigen und passenden „agilen“ Re- und Upskillings. Soft Skills bilden den Schwerpunkt - der langfristige berufliche Erfolg von Mitarbeitern und somit von Unternehmen hängt nur zu 25% von Hard Skills ab. 
Schon die immer kürzeren Verfallszeiten von Skills waren eine Aufforderung zum regelmäßigen Up- oder Reskilling. Dazu kommen neue und unbekannte Skills. Man schätzt für die jeweils nächsten fünf Jahre, dass mindestens 35% der benötigten beruflichen Skills völlig neu sein werden – und niemand kann seriös voraussagen, welche Skills dies sein werden. Bei diesen Skills sind „Zukäufe“ durch passende Neurekrutierungen schwer oder gar nicht möglich. 
Die Differenzierung der Angebote erschwert die Rekrutierung von Mitarbeitern, weil Skills in einer „Stan-dardausprägung“ nicht mehr weiterhelfen. Wer am Ende einer Ausbildung steht, wird mit dieser Realität konfrontiert.
87% aller Unternehmen sehen darum auch Skill-Defizite, die ausgeglichen werden müssen. Im Kontext individualisierter Angebote kann kein Unternehmen erwarten, die benötigten spezifischen Skills „von der Stange“ dazukaufen zu können. 75% der befragten Arbeitgeber fiel es darum schwer, Absolventen mit den benötigten Soft Skills zu finden – aber nur 36% der Unternehmen halten sich für vorbereitet, die benötigten spezifischen Skills selbst zu entwickeln. Erst mit der Pandemie sind Re- und Upskilling 2021 und 2022 hintereinander auf den ersten beiden Plätzen der wichtigsten Ziele der Aus- und Weiterbildung gelandet. 
Mitarbeiter sehen das genauso. Sie haben klare Lernerwartungen zu Skills. Und sie ziehen am Ende Konsequenzen, falls diese Erwartungen nicht erfüllt werden - sie wandern ab. Sie können sich inzwischen ihre Arbeitgeber beliebig auswählen. 
„Lernen“ ist zum wichtigsten Bewertungskriterium für den Eintritt in ein Unternehmen geworden.  Konsequenterweise ist ein Mangel an Lernangeboten einer der Hauptgründe, ein Unternehmen zu verlassen bzw. dort erst gar nicht einzusteigen. Jüngste Umfragen ergaben, dass 40 Prozent der Arbeitnehmer welt-weit erwägen, ihren derzeitigen Arbeitgeber bis Ende des Jahres zu verlassen.
Im „New Normal“ müssen Organisationen mit deutlich mehr Dynamik ermitteln, welches Potenzial in den Mitarbeitenden steckt. Früher halfen kleinteilige Stellenbeschreibungen, Karrierepfade und feste Lernangebote mit Bezug auf vertraute Skills. Inzwischen müssen sich Organisationen ständig auf das Unbekannte vorbereiten – und dafür muss das eigene Wachstumspotenzial verstanden und ausgeschöpft werden. Anders kann man nicht mit ungeplanten Entwicklungen und Disruptionen umgehen. Nur wer lernt, sich ständig neu zu erfinden, gewinnt den Wettlauf um Skills – und überlebt.
…sondern Haute Cuisine
Permanentes, spezifisches und individualisiertes Re- und Upskilling sind eine fachliche und organisatorische Notwendigkeit. Ziel ständigen Lernens ist organisatorische Resilienz und damit Sicherheit anstatt Bedrohung. Organisationen stellen sich durch ständiges Lernen für eine unsichere Zukunft auf. Ständige Neuerungen sind in diesen Organisationen keine Bedrohung mehr, sondern Routine. Die Mitarbeiter nutzen über regelmäßig aktualisierte Skills und meistern so die Herausforderungen moderner Arbeitsumfelder.
Die individuelle berufliche Entwicklung basiert auf „Lernen“. Wenn Mitarbeitern nicht ein ständiges Up- und Reskilling ermöglicht wird, werden diese desillusioniert und demotiviert. Im Ergebnis führt dies zu schlech-ten individuellen und organisatorischen Leistungen, was aus Unternehmenssicht nicht tragbar ist. „Lernen“ ist erfolgskritisch.
Die agil gewordene Unternehmenswelt muss effektiver schulen und kontinuierliches Lernen ermöglichen und unterstützen, um mit dem Tempo des Wandels Schritt zu halten. Die statischen Ausbildungskonzepte der letzten Jahrzehnte bieten hierfür keine Grundlage. Aus einer agilen Organisation wird hier wieder sehr schnell eine fragile Organisation, die ihr Momentum  verliert. Die Lösungen der Vergangenheit waren zwar einfach, schnell umzusetzen und kostengünstig - aber zum Scheitern verurteilt.
Das „New Normal“ nach der Pandemie erfordert einen Strategiewechsel zu agilem digitalen Lernen. Ein stets maßgeschneidertes Re- und Upskilling aller Mitarbeiter als Teil dieser Strategie erfüllt nicht nur die Erwartungen der Mitarbeiter, sondern nützt auch den Unternehmen – ein klassischer Win-Win. 
 Im agilen Zeitalter sind diejenigen Mitarbeiter und Unternehmen am erfolgreichsten, die am schnellsten lernen. „Lernen“ ist Erfolgs- und Überlebensfaktor. Für diese Aufgaben sind neue Konzepte und neue Technologien erforderlich. Überkommene, starre und an überholten Lern- und Arbeitsmodellen ausgerichtete Bildungsansätze sind am Ende für jedes Unternehmen schädlich.
Fehlende Skills oder mangelndes Wissen sind selten Ursachen für Versagen – stattdessen geht es um die fehlende Einbindung von Prozessen, mangelnde Vermittlung von übergreifenden Zielen, fehlende Orientierungshilfen zum Arbeitsfeld der Mitarbeiter und um einen Mangel an Führung.
Gruß aus der Küche
Es ist angerichtet: Fortbildung ist kein Kostenfaktor, sondern Erfolgsfaktor. Dieser Erfolg tritt ein, sobald sich die Aus- und Weiterbildung an Unternehmenszielen ausrichtet, diese nahtlos in die Lernangebote einbindet und deren Ergebnisse dadurch überprüfbar macht. Die Lernkultur der langen vergangenen Jahre muss ihr „Wir wissen das alles“ durch ein „Wir lernen das alles“ ersetzen:
•    Geschäftsergebnisse sind wichtiger als erworbenes und angesammeltes Wissen
•    Die Orientierung an Wachstum ersetzt die Orientierung an Skillsets
Das Ziel muss ein “Performance Output“ sein, der den bisherigen „Learning Input“ ersetzt. 
Diese Herausforderungen sind bei L&D angekommen. Unternehmen mit einer zeit- und aufgabengemäßen Ausrichtung ihrer L&D-Teams schneiden besser ab als diejenigen, die typische Präsenzkonzepte (inklusiver ihrer elektronischen Verpackungen) anbieten. 
Das hat sich herumgesprochen - erfolgreiche Unternehmen erkennt man an der strategischen Ausrichtung von Corporate Learning an den Unternehmenszielen und an der Evaluierung entsprechender Lerntechnologie. 

Dieser Blog beleuchtet ein Thema aus meinem aktuellen Whitepaper „Wie digitales Lernen den Wettlauf um die Mitarbeiter entscheidet“ – alle hier aufgeführten Begriffe werden dort ausführlicher erläutert, zu allen Zahlen finden sich dort verlinkte Quellenangaben.





 

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Frank Otto

studierte Erziehungswissenschaften, Psychologie und Soziologie an der LMU München. Seit 30 Jahren ist er im Umfeld von „Service-Organisationen“ tätig. Sein Schwerpunkt „wanderte“ dabei von Customer Experience zu Learning Experience. Hier unterstützt er seit fast 20 Jahren als Experte Kunden bei der Entwicklung und Umsetzung von digitalen Lernstrategien. Die Bandbreite dieser Tätigkeit er-streckt sich von Beratung, Konzeption und Produktion von relevanten Lerninhalten bis zur Integration von modernen LXP-Lösungen in vorhandene IT-Landschaften. Als Organisationsprogrammierer (DEC) bietet er zudem die Expertise aus den beiden relevanten Welten mit einen pragmatischen Blick für das Machbare. Sein Blick über den Tellerrand ist ausgeprägt. Frank Otto ist Mitglied der amerikanischen ATD.

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